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PHILIPPE VANDENBERG – KAMIKAZE

14.4.-16.6.2019

Das Kunsthaus Pasquart zeigt die bisher grösste Werkschau des flämischen Künstlers Philippe Vandenberg (1952-2009, BE) in Kollaboration mit der Hamburger Kunsthalle, wo die Ausstellung vom 16.11.2018 bis 24.2.2019 präsentiert worden ist. Sowohl in der Schweiz wie in Deutschland ist es die erste institutionelle Ausstellung seiner Arbeit. In seinem Heimatland Belgien als einer der wichtigsten Künstler der letzten Jahrzehnte sehr geschätzt, gilt es sein radikales und schonungsloses Œuvre international noch zu entdecken. Die gross angelegte Schau präsentiert rund 70 Gemälde und 80 Zeichnungen oder Druckgraphiken aus den Jahren 1995 bis 2009. Viele Exponate stammen aus dem Nachlass des Künstlers und sind das erste Mal überhaupt ausgestellt.

Vandenbergs Kunst ist geprägt von einer grossen Intensität, die verstörend und anregend zugleich ist. Der Ausstellungstitel Kamikaze verweist auf sein zentrales künstlerisches Prinzip: Kamikaze bedeutete für ihn kreative Zerstörung, d.h. ein Ermöglichen von Neuem auf der Grundlage der Vernichtung des Alten. Dieses Prinzip findet sich in Philippe Vandenbergs Gemälden und Zeichnungen in vielfältiger Weise: in zahlreichen stilistischen Brüchen, in den Prozessen des Übermalens und des Abschabens bestehender Bilder, in «Kamikaze» als geschriebenem Wort oder in dessen rätselhafter Abkürzung «K.A.» oder «KA.M.». Ebenso wird dieses in vielen Bildmotiven und wiederkehrenden Zeichen, die das Spannungsfeld von Zerstörung und Erschaffung bzw. Neuanfang öffnen, erkennbar. Hierzu gehören beispielweise das Motiv der brennenden Mönche (des politischen Protestsuizids durch Selbstverbrennung) oder auch das Element der Swastika, das als antikes Sonnensymbol durch eine Kippbewegung zum Zeichen der Vernichtung – zum Hakenkreuz – wird. Es sind Themen des aktuellen Weltgeschehens, aus Literatur und Kunstgeschichte, Mythen und Sagen, die Vandenbergs Kunst durchziehen. Bezeichnend sind jedoch immer die extremen Gegensätze, denen der Mensch ausgesetzt ist und denen Vandenberg sich widmet: der Gleichzeitigkeit von Liebe und Hass, Schönheit und Hässlichkeit, Unschuld und Schuld. Der aus dem Japanischen stammende Begriff Kamikaze (auf Deutsch «göttlicher Wind») steht für eine japanische Luftangriffstechnik im Zweiten Weltkrieg und auch für selbstschadende Handlungen. Voraussetzung für die Anwendung des Kamikaze-Prinzips war für Vandenberg ein radikaler Richtungswechsel und vor allem die Beweglichkeit des Denkens, die er als Geisteshaltung vehement einforderte: «[…] das eigene Denken zu zerstören ist ebenso wichtig. Du musst in Bewegung bleiben. Bleibe immer in Bewegung!»

Besonders gefeiert wurde Philippe Vandenberg zu Lebzeiten für seine expressiven, figurativen Gemälde und seine rhythmisch abstrakten Arbeiten, deren Entstehen zeitlich mit der in den frühen 1980er Jahren stattfindenden Erneuerung der Malerei zusammenfiel. Die Ausstellung legt den Fokus auf die zweite Hälfte von Vandenbergs Schaffen, das heisst auf die Zeit von 1995 bis 2009. Charakteristisch für diese Periode sind der stete Wechsel zwischen Figuration und Abstraktion, sowie die Entwicklung einer Reihe von Leitmotiven und Arbeitsmethoden. Die ausgewählten Zeichnungen weisen ihn als überaus produktiven und hochtalentierten Zeichner aus. Während die Malerei für Vandenberg zwangsläufig eine grosse Geste darstellte, hatte das Zeichnen für ihn einen mystischen, beinahe religiösen Charakter. Mitte der 1990er Jahre wandte er sich vermehrt der Zeichnung zu, wobei Bleistift, Tusche, Gouache und Aquarell zu seinen bevorzugten Materialien zählten. Die meisten seiner Zeichnungen aus dieser Periode sind durchaus nicht nur als reine Vorstudien, sondern als eigenständige Arbeiten zu betrachten. Das Zeichnen verschaffte Vandenberg aber vor allem eine unmittelbare Befreiung von seiner inneren Unruhe. Die Hunderte Bücher, die er ab Mitte der 1990er Jahre beinahe täglich mit Zeichnungen füllte, zeigen vor allem spezielle Motive und Formen, die er in sich wiederholenden Variationen erkundete.

Die Ausstellung ist eine Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle.

Kuratorinnen der Ausstellung

Brigitte Kölle, Leiterin Sammlung der Gegenwart Hamburger Kunsthalle, und Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart.

Publikation zur Ausstellung

Die Ausstellung wird von einer umfangreichen Publikation (DT / FR / ENG) begleitet, hrsg. von Brigitte Kölle und Felicity Lunn, mit Texten von Harald Falckenberg, Josephine Karg, Brigitte Kölle, Felicity Lunn, Johannes Muselaers u. Marek Wieczoreck. Ca. 100 Abbildungen, 272 Seiten, Hardcover. Uitgeverij Kannibaal Verlag, Belgien, 2018.

Öffentliche Führungen

Do 9.5.2019, 18:00    (dt)   Natacha Isoz, Kunsthistorikerin

Do 6.6.2019, 18:00    (fr)    Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart

Gespräch zum Werk

So 14.4.2019, 14:00 (fr / eng) Mo Vandenberghe, Sohn des Künstlers, und Johannes Muselears, Archivar und Forscher des Estate Philippe Vandenberg, im Gespräch mit Felicity Lunn.

Philippe Vandenberg, Zu lieben heisst zu geisseln I, 1981-1998, Detail, Öl und Kohle auf Leinwand, 152 × 302 cm; © Estate Philippe Vandenberg.
Courtesy Estate Philippe Vandenberg and Hauser & Wirth; Foto: Joke Floreal / Guillaume Vandenberghe
Philippe Vandenberg, Ausstellungsansichten Kunsthaus Pasquart 2019. Fotos: Lia Wagner; courtesy the artist

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Kunsthaus-Sammlung Pasquart