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Daniel Zimmermann

Verlängert bis 14.6.2020

Daniel Zimmermann, Ausstellungsansichten Kunsthaus Pasquart 2020, Courtesy the artist; Fotos: Lia Wagner

Daniel Zimmermann (*1966, CH) ist bildender Künstler und Filmemacher. Seine Filme, Installationen und Performances berühren die Schnittstelle von visueller Kunst und Aktion. Der Künstler reagiert auf Situationen und Umfelder und wirft Fragen nach der Bedeutung und Nachhaltigkeit menschlichen Handelns auf. Die Einzelausstellung des Schweizer Künstlers ist seine erste Retrospektive. Sie präsentiert die neue Filminstallation Walden im Kontext älterer Videos, Fotografien und Installationen, die in der Gegenüberstellung sein künstlerisches Schaffen facettenreich vor Augen führen. Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Publikation zu Walden.

Kurz vor dem Aushub des Neubaus des Kunsthaus Pasquart legte Daniel Zimmermann, der damals in Biel lebte und arbeitete, 1998 ein Strukturfeld mit 10’000 Holzleisten aus. Dabei bestimmte der Grundriss des Neubaus die Form und die Grösse des Werkes. Innerhalb dieses beschränkten Raumes schuf er während acht Tagen freie Konstellationen, losgelöst von allen Regeln. Dieses physisch anstrengende Ritual vollzog der Künstler, als spielte er ein überdimensionales Mikado. Das Strukturfeld verweist auf die bevorstehende Veränderung der Situation und die Bestimmung des Neubaus als Kunsthaus. Zimmermann schafft mit den Holzleisten einen roten Faden durch die Ausstellung, indem er sie als fotografische Elemente in anderer Form immer wieder auftauchen lässt. So erinnern beispielsweise die 3-D Panorama-Gucker Strukturfeld Kunsthaus Pasquart (1998/2000) an das Werk. Die Ausstellung präsentiert die Dokumentation dieser ortsspezifischen Interventionen, während im Foyer – als Erinnerung an die Situation vor mehr als 20 Jahren – die 10’000 Holzleisten, die der Künstler auch für andere Werke verwendete, als Stapel gebunden gezeigt werden.

Im Kunsthaus Pasquart wird erstmals Daniel Zimmermanns neuste Arbeit Walden (13 Projektionen) (2020) als 360° Filminstallation aus 13 Plansequenzen seines Filmes Walden (2018) gezeigt. Auch hier sind Holzleisten die Protagonisten. Die Installation porträtiert die Transportorte eines Holzleistenstapels, der seine Reise in der umgekehrten Richtung einer üblichen Handelsroute macht. Der Transport des Holzes, der ganz im Sinne des Wirtschaftlichkeitsprinzips möglichst schnell und effizient abgewickelt wird, ist gerahmt durch den Herkunfts- und Zielort des Baumes, im Nutzwald des Benediktinerstifts in Admont und in Campinas am Rio Preto, bei einer indigenen Gemeinschaft inmitten des Amazonas. Auf diese Weise umfasst Walden zwei verschiedene Weltsysteme: hier der monotheistische Katholizismus, dort der animistische Perspektivismus, der auch Pflanzen, Tiere und leblose Objekte als beseelte Wesen versteht. Dazwischen steht die alles verbindende kapitalistische Ökonomie.

Daniel Zimmerman betrachtet die Art und Weise, wie man an spezifischen Orten oder in bestimmten Situationen denkt und handelt und welche Werte dabei massgebend sind. Durch gezielte, oft ungewöhnliche Aktionen hinterfragt er herrschende Glaubenssysteme und Sitten. Standen zu Beginn Orte in der Schweiz und den Alpen im Zentrum, die der Künstler mit Obsessionen für perfektionierte sportliche Leistungen und der Suche nach den Ideallinien in Verbindung brachte, wie in den Videoarbeiten Lauberhornrennen im Sommer (2007) oder Stick Climbing (2010), wird sein Blick in späteren Arbeiten globaler. Ins Visier tritt das Interesse des Künstlers, wie verschiedene Glaubenssysteme unterschiedlicher Kulturen und Orte aufeinanderprallen. So findet WAR (2013) seinen Ausgangspunkt im polynesischen Kriegstanz der Rapa Nui, einer traditionellen Tanzform, die zugleich identitätsstiftend war und als Überlebensstrategie diente. Zimmermanns Arbeit ist mitgeprägt von seiner Auseinandersetzung mit der Politik, im Besonderen mit Orten der Politik. Diesen Situationen begegnet er mit der Idee von Kollektivität und Zusammengehörigkeit. So beschäftigte er sich in Go and Talk to Your Government: Gründungsakt des Bundesministeriums für Bewegungsangelegenheiten (BMfB) (2009) mit der Regierung in Österreich als Zentrum der Macht und konfrontierte dieses mit freier Bewegung von Körpern im Raum, um damit das Potential von physischer Bewegung für die Erweiterung geistigen Bewusstseins zu fördern: Tanzende Politiker standen plötzlich symbolisch für die Zerbrechlichkeit des Systems.

Performances und Inszenierungen sind zentral für Daniel Zimmermanns Schaffen, wobei auch der Blick auf die eigene Praxis und der Entstehungsprozess dieser Stücke elementarer Bestandteil bilden. Die Ausstellung zeigt mehrere Dioramen, wie die vierteilige Arbeit Four Remarks on the History of Dance (2015), welche dem Betrachter die Möglichkeit gibt, am künstlerischen Schaffensprozess teilzuhaben und wichtige Produktionsorte zu sehen. Auf vier kleinen Bühnen spielen sich Szenen ab, welche die Entwicklung des Werkes von Reisen mit dem Flugzeug, der Recherche im Studio, Proben und schlussendlich die Theaterinszenierung nachzeichnen. Wie in einem historischen Museum wird dieser bewegliche Prozess, als wäre er ein geschichtlich bedeutendes Ereignis, im Diorama für die Ewigkeit konserviert.

Daniel Zimmermann hat zahlreiche Kunstprojekte in Museen, Galerien und im öffentlichen Raum initiiert und realisiert, wie Ausstellungen im Museum Gegenwartskunst, Admont (2019), Kunstraum Niederoesterreich, Wien (2011), Kunstmuseum Thun (2007), im Haus für Kunst Uri (2006) oder Kunsthalle Bern (1999). Zu seinen Projekten gehören Filme, die auf internationalen Filmfestivals wie der Berlinale, den Internationalen Filmfestspielen Rotterdam, dem Sundance Film Festival und am Art of the Real – Film Society of Lincoln Center, US gezeigt wurden. Performances zeigte er im NAVE, Santiago de Chile, im deSingel, Antwerpen, am ImpulsTanzFestival, Wien oder in der Gessnerallee Zürich. Zusammen mit der Choreographin Amanda Piña gründete er 2005 die Künstlervereinigung nadaproductions, 2009 den Kunst- und Performance-Raum nadalokal und im selben Jahr das Österreichische Bewegungsministerium (BMfB).

Kuratorin der Ausstellung

Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Centre d’art Pasquart

Publikation

Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit Bildern und Texten zu Walden im Verlag für moderne Kunst (eng).

Performance

Sa 1.2.2020, 17:30 (dt)                 Performance von Robert Steijn & Daniel Zimmermann

Künstlergespräch

Do 5.3.2020, 18:00 (dt)                Daniel Zimmermann im Gespräch mit Felicity Lunn

Öffentliche Führungen

Do 6.2.2020, 18:00   (fr)             Valentine Yerly, Kunstvermittlerin

Do 26.3.2020, 18:00  (dt)            Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart