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Rannva Kunoy

1.2.2015-5.4.2015

Die Gemälde von Rannva Kunoy (*1975, Färöer-Inseln) scheinen auf den ersten Blick aus einer einfachen monochromen Oberfläche zu bestehen, in welcher ein Wechselspiel zwischen Kratzspuren und den geisterhaften Rahmungen stattfindet. Bei näherer Betrachtung zeigt sich eine dreidimensionale, fast holografische Qualität. Die schillernden Farben und schwungvollen Formen intensivieren den Eindruck, dass die Bilder etwas entstehen lassen, was nie ganz fassbar wird. Die Serie wird neben einer weiteren Werkgruppe gezeigt, deren Kompositionen skurrile Andeutungen suggerieren. Die Anordnung der Striche stellt jedoch nie ein eindeutiges Motiv dar.Bezeichnend für Kunoys Werk ist der performative Ansatz. Die malerischen Gesten der Künstlerin sind eindrücklich ersichtlich in den dynamischen Linien. Sie erinnern an die flüchtigen Erscheinungen auf frostigen Fensterscheiben oder ans Licht von Taschenlampen in der Dunkelheit. Die Gemälde sind im Stande die BetrachterInnen, die sich um das Bild bewegen, zu täuschen: Räumlichkeit erweitert sich und Spuren werden mehrdeutig.

Rannva Kunoy verortet ihre Arbeit bewusst im Kontext der Geschichte der Malerei. Der Einfluss des Minimalismus auf die Entwicklungen der Malerei, ist Teil ihrer Reflexion, sowie die Herausforderungen, denen sich dieses Medium heute stellen muss. Die Künstlerin betrachtet die malerische Praxis als eine Sprache, die ihr Instrumente gibt, um ihr Werk mit der Geschichte in Beziehung zu setzen und gleichzeitig neue Richtungen einzuschlagen. Obschon ihre Arbeit immer den Eindruck vermittelt, im Prozess des Entstehens zu sein, so ist auch das Gegenteil erkennbar: Die Gemälde haben eine kraftvolle immaterielle Komponente, welche den Anschein erweckt, dass sich die Oberfläche von Farbe und Leinwand abzuheben vermag.

Kunoy bewirkt den Effekt eines illusorischen Raumes, indem sie sichtbare Kratzspuren auf der Leinwand anbringt oder Schichten von Kristall-Farbe aufträgt, wodurch sich der  monochrome Hintergrund abdunkelt. Der sphärischen Erscheinung der Oberfläche liegt ein langer physischer Bearbeitungsprozess der Leinwand zu Grunde. Anhand eines Pinsels oder eines Schwamms wird getrocknete Farbe entfernt und zugleich Schichten aus Acryl- und Kristall-Farbe aufgetragen. Diese ist massgebend für Rannva Kunoys Technik, denn deren chemischer Prozess ermöglicht die Wirkung von schimmerndem Licht, das aus der Leinwand und in diese hinein dringt. Diese Wirkung erinnert an Erzählungen, in welchen Spiegel Portale zu einer anderen Seite eröffnen. Die geisterhaften Rahmenzeichungen am Rand der Gemälde steigern diesen Effekt zusätzlich. Sie erzeugen nicht nur eine scheinbare Grenze zwischen Innen und Aussen, sondern erinnern uns auch, dass trotz der Möglichkeiten der Malerei, Illusionen von Räumlichkeit und Tiefe zu erzeugen, sie letztlich doch eine Konstruktion ist.

Die Einfachheit der Spuren in diesen Gemälden findet ihre Erweiterung in einer zweiten Werkgruppe in der Ausstellung. Sie wirkt unruhiger, linkischer und weniger verführerisch. Die breiten, in schwarz-weiss oder pastellblau und rosa auf weissen Hintergrund aufgetragenen Linien, sind Negativ-Spuren, welche in einem Verfahren des Entfernens verschiedener Bereiche mit Latex entstanden sind. Sie haben eine deutlichere grafische Qualität als die erste Serie. Wir erkennen Tropfen, die scheinbar in umgekehrter Richtung fliessen, und werden durch hervorgehobene Details aus grösseren Gemälden an Karikaturen erinnert.

Diese Werke stammen aus einer älteren Werkserie, welche das Konzept des Automatischen Schreibens als Grundlage verwendete. Die formalen und symbolischen Elemente von Text sind zentral in Kunoys Arbeit und zudem die Basis für eine dritte Werkgruppe in der Ausstellung, welche sich auf fiktive Namen und Wörter bezieht. Die künstlerische Methode ist ebenso komplex wie bei den anderen zwei Serien: Durch den negativen Prozess des Subtrahierens erhalten diese Bilder eine photographische Qualität. Ihre neue Serie der Streifen-Gemälde erinnert zwangsläufig an Dan Flavins Arbeit. Im Gegensatz zur formalen Sichtweise seiner ikonischen Neon-Werke wird bei Kunoy die Interpretation von Licht in der Farbe vordergründig. Ob durch die Struktur der Linien, den Umriss der Rahmen oder die flüchtigen Zeichenspuren entstanden, es ist letztlich das Licht selbst, das im Kern von Kunoys hochgradig individuellem Beitrag zum Medium der Malerei liegt.

Rannva Kunoy studierte Bildende Kunst am Royal College of Art in London. Sie verrichtete Einzelausstellungen in der Galerie Diana Stigter, Amsterdam (2007 und 2010) und am Nordic House, FO (2010). Ihre Arbeit wurde im Rahmen von relevanten Gruppenausstellungen gezeigt. Darunter im Art Futures, Bloomberg Space, London (2008), Galerie Diana Stigter, Amsterdam (2009), Pilar Corrias Gallery, London (2010), David Risley Copenhagen, kuratiert von Dexter Dalwood (2011), Joyce Theatre, New York (2012) und Dispari&Dispari Project, Reggio, Italien (2013). Rannva Kunoy lebt und arbeitet in London.

Publikation zur Ausstellung: Eine Publikation erscheint im Verlaufe der Ausstellung.

Kuratorin der Ausstellung: Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus CentrePasquArt Biel Bienne

Rannva Kony 2015, Ausstellungsansichten / vues d’exposition / exhibition views Kunsthaus Centre d’art Pasquart 2015
Fotos / Photos: P.Christe