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MELANIE MANCHOT – Open Stage. Back Stage

14.4.-16.6.2019

Die Ausstellung im Kunsthaus Pasquart bietet erstmals einen umfassenden Überblick über Melanie Manchots (*1966, D) Werkgruppe Mountainworks, die sich mit der Landschaft, der Gemeinde und der vom Tourismus geprägten Infrastruktur des Schweizer Orts Engelberg befasst. Die zehnjährige Produktion fotografischer und bewegter Bilder, die sich auf dieses Bergtal bezieht, kann als eine nachhaltige Forschungsarbeit verstanden werden, die unsere komplexe Beziehung zu den Bergen als Ort der realen und imaginären Erforschung unseres Seins in der Welt aufzeigt.

Hervorgehend aus ihrem Interesse für die Art und Weise, wie wir uns um die vorübergehend in unserer Obhut befindlichen Umwelt kümmern, richtet Melanie Manchot ihr Augenmerk auf das «Backstage» und die verborgenen Arbeitskräfte, die für eine funktionierende Bergwelt notwendig sind. So hat sie mit unterschiedlichen Teams in Engelberg zusammengearbeitet, um dies anhand von Fotografien und Videos zu beobachten. Die Videotrilogie Out Of Bounds (2016) begleitet zwei verschiedene Gruppen von Männern, deren tägliche Arbeit am Berg den Tourismus erst möglich macht. «A» zeigt ein Team, das bei Neuschnee früh morgens aufsteigt und kontrollierte Lawinen auslöst, während «B» und «C» die repetitiven Bewegungen von Pistenraupenfahrzeugen einfangen, die nachts den Schnee planieren und die Szenerie zu einem geheimnisvollen Schauspiel aus Berghang und Maschinen werden lassen. Manchots früheste Engelberger Videoarbeit Leap after The Great Ecstasy (2011) vereint Sportler, Sachverständige und Wartungspersonal auf dem Gelände der grössten natürlichen Skisprungschanze der Welt. Es veranschaulicht die intensiven Vorbereitungen für die Veranstaltung, sowohl in Bezug auf die beteiligten Personen als auch auf die physischen Bedingungen des Ortes selbst. Auf den filmischen Höhepunkt (den Sprung) wird indes verzichtet. So entsteht ein Zustand der kontinuierlichen Vorarbeit und Fokussierung auf das Artifizielle des Spektakels. Cadence (2018) ist eine von Manchots jüngsten Videoarbeiten: Aus der Vogelperspektive sehen wir ein dunkles Pferd, das in eine leere verschneite Landschaft geführt wird. Im Kreis gehend schreibt es eine Spur in den Schnee, wodurch eine Art Zeichnung entsteht. Die Szene ist formell und setzt durch die reduzierte visuelle Sprache Vorstellungen von Natur und menschlicher Handlungsfähigkeit in einen spannungsgeladenen Zustand. Gleichzeitig bildet diese Arbeit ein Echo auf Manchots weiter Videos und Filmarbeiten, in denen Choreographie, Tanz, Film und visuelle Kunst im Dialog stehen. In der fortlaufenden Serie White Light Black Snow (ab 2017) befragt die Künstlerin die materiellen Eigenschaften und Bedingungen der Farbe Weiss und beschäftigt sich schliesslich mit dem Medium der Fotografie selbst, indem sie die Fähigkeit der Kamera, Schnee und Eis zu «sehen» und zu «reproduzieren», untersucht. Manchots aktuellste Arbeit Alpine Diskomiks (2019) lässt einem tektonischen Verschiebungsprozess gleich Massen aus Bild und Klang aufeinandertreffen und entfaltet das durchgehende Panorama einer Bergkette aus 50 Vinylschallplatten-Covers, die alle ein Gebirge zeigen. Eine Klangakkumulation, die sich sequentiell auf- und abbaut, macht die Dramatik der Kräfte und den steten Prozess des Aufbaus und Abtragens in der Bergwelt erfahrbar. Die Musik in dieser inkongruenten Sammlung umfasst das gesamte Spektrum von Klassik bis Folk, Techno bis Death Metal.

Die meisten von Manchots Arbeiten bewegen sich an der Schwelle zwischen Dokumentarfilm und Inszenierung, zwischen Beobachtung und Konstruktion. Manchmal beginnen Gesten, Porträts oder Aktivitäten mit einer dokumentarischen Realität und werden dann für die Kamera neu inszeniert und manchmal bleibt es bei der reinen Beobachtung. Dies zeigt sich auch in einem ihrer ehrgeizigsten performativen Werke Dance (All Night, London) (2017), das in einer grossformatigen Videoinstallation in der Salle Poma präsentiert wird. Eine Nacht lang brachte Manchot eine Vielfalt von Bewegungen und Kulturen zusammen und kollaborierte hierfür mit im Londoner East End ansässigen Tanzschulen, die jeweils einen anderen Tanzstil repräsentierten. Im Laufe der Nacht verwandelte sich der Ort in einen sozialen Raum, geprägt von der Dynamik verschiedener Gesten und Bewegungen, die polyrhythmisch nebeneinander koexistieren. Die Arbeit hinterfragt das Potential von Diversität, Differenz und Zusammengehörigkeit im Kontext unserer zunehmend komplexen Gesellschaften. Eine neue Version dieser kollektiven Performance wird am 25. Mai 2019 in der Bieler Altstadt in einer Kollaboration mit fast allen Bieler Tanzorganisationen und unterschiedlichsten Perkussionisten aufgeführt. Der dazu im Entstehen begriffene Film wird zu einem späteren Zeitpunkt im Kunsthaus Pasquart gezeigt.

Nach ihrem Studium an der New York University verfolgte Manchot ein Studium in bildender Kunst und Vermittlung an der City University, London und machte einen MFA in Fotografie am Royal College of Art, London. Zahlreiche Einzelausstellungen hatte sie u.a. in der Whitechapel Gallery, London (2010), am Contact Photography Festival, Canada (2012), und im MAC VAL, Paris (2018). Ihre Arbeiten sind u.a. in folgenden Sammlungen vertreten: DG Bank Collection (D), Städtische Galerie Wolfsburg (D), Brooklyn Museum, New York (USA), Arts Council Collection, Hayward Gallery, London (UK) und Government Art Collection, London (UK). Melanie Manchot lebt und arbeitet in London.

Kuratorin der Ausstellung

Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart

Publikation zur Ausstellung

Anlässlich der Ausstellungen von Melanie Manchot im Musée d’art contemporain du Val-de-Marne vom 20.10.2018 bis zum 24.2.2019 und im Kunsthaus Pasquart vom 14.4. bis zum 16.6. 2019 erscheint die Publikation Open Ended Now  mit Texten von Fabienne Brugère & Guillaume le Blanc, Kate Bush, Maeve Connolly, Florian Gaité, Frank Lamy, Sibylle Omlin und Ellen Mara De Wachter (DT / FR / ENG). Herausgegeben von MAC VAL und Kunsthaus Pasquart, ca. 100 Illustrationen, 244 Seiten, Hardcover, 2018.

Kunstvermittlung für Erwachsene

Folgen Sie diesem Link, um kurze Videos von Gebärdenpoesie anzusehen, die von gehörlosen und hörbehinderten Menschen als Reaktion auf die Ausstellung entwickelt wurden: Kunst-Kommentar 2019

Öffentliche Führungen

Do 9.5.2019, 18:00    (fr)    Natacha Isoz, historienne de l’art

Do 6.6.2019, 18:00    (dt)   Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart

Künstlergespräch

Do 23.5.2019, 18:00 (dt)     Melanie Manchot im Gespräch mit Felicity Lunn.

Kollektive Performance

Sa 25.5.2019, 20:30-21:30    In der Bieler Altstadt

Sie sind herzlich eingeladen, die von Melanie Manchot zusammengebrachten Bieler Tanzgruppen auf ihrem prozessionsähnlichen Weg durch die Bieler Altstadt zu begleiten.

Melanie Manchot, Above/Below, 2017, Digitaler C-print; Courtesy the artist and Gallery m, Bochum

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