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MANUEL BURGENER Ojingeo

Manor Kunstpreis Kanton Bern 2018

29.6.-26.8.2018

Den Installationen, Objekten und Bildern von Manuel Burgener (*1978, CH) haftet der Anschein des Unfertigen und Prekären an. Der Manor Kunstpreis-Träger 2018 lässt in seiner neuen Installation über fünf Säle hinweg Video, Ton und Raum miteinander in Beziehung treten. In einem abgelegenen Haus am Meer fing er dafür mit zwei mobilen Kameras Zeitlichkeit und Gegenwärtigkeit ein. Die Umsetzung des Vorhabens dauerte vierundzwanzig Stunden und entspricht exakt der Länge des Videos, das fortlaufend während der gesamten Ausstellungsdauer abgespielt wird. Variable Einstellungen und Spiegelungen bringen eine Vielzahl an Perspektiven hervor und erheben so das Medium selbst zum Motiv. In einer nüchternen Wechselwirkung gehalten, legt der Künstler damit das normalerweise verborgene filmische Dispositiv offen. Subtile Verschiebungen in der Rezeption sind auch für die gerahmten, grossformatigen Fotogramme charakteristisch. Glas und Bildfläche liegen nicht parallel übereinander. Auf dem Fotopapier werden so diffuse und auf dem Glas gleichzeitig präzise Reflexionen sichtbar. Die unmittelbare Reaktion auf die Architektur der Räume und deren Verbindung mit den neuen Werken legt der Künstler erst während des Aufbaus fest und gewährt sich damit eine Freiheit, die bezeichnend für seinen Schaffensprozess ist.

Die Videoinstallation twenty four (2018) zeigt den trivialen Tagesablauf eines jungen, gleichmütigen Mannes. Andauernder Regen, ein Fischerhaus auf Mallorca, im Hintergrund das Surren der Klimaanlage. Gleichzeitigkeit und Monotonie verbinden sich zu einem scheinbar endlosen Strom. Stoisch verbindet sich die Belanglosigkeit der Bilder mit einer gleichförmigen Klangebene. Durch drei Räume getrennt, in denen Kabel, Lautsprecher und Videogeräte am Boden und in Einkaufswagen liegen, positioniert Burgener in den zwei entgegengesetzten Räumen im Parkett 2 je eine Projektion. Tonquelle sowie Abspielgeräte der Installation sind über alle fünf Räume verteilt, die Fenster bleiben während der gesamten Ausstellungszeit offen und Tageslicht fällt je nach Sonnenstand direkt auf die Projektionsfläche. Burgener überspannt den Bogen bewusst, wenn aufgrund der Helligkeit im Raum und der Videodauer die Arbeit nicht mehr vollständig erfahrbar ist und lenkt so unsere Aufmerksamkeit auf übergeordnete Fragestellungen. Video, Klang, leere Räume und offene Fenster inszeniert er als gleichberechtigte Aspekte. Der Künstler führt uns vor Augen, wie die Kamera in ein Instrument zur Erfassung und Erweiterung von Zeit umgedeutet werden kann. Die Videoinstallation an sich wird zur Versuchsanordnung, in der wir unsere eigene Position in dieser Szenografie zu hinterfragen beginnen.

In der Passage zur Salle Poma präsentiert Burgener die drei grossformatigen Fotogramme Untitled (2018), die in Alurahmen angebracht sind. Die weissen Kratzer, Abdrucke und Schraffierungen auf der Bildoberfläche lassen keine Rückschlüsse auf ein erkennbares Motiv zu, die asymmetrischen Reflexionen auf Bild und Glas evozieren bei uns einmal mehr eine Selbstreflexion. Auch der Künstler ist mit sich selber konfrontiert, wenn er in der Dunkelkammer während der Umsetzung der Werke Folie und Glasfläche zwischen dem lichtempfindlichen Farbfotopapier und der Lichtquelle anordnet. Zwischen Kontrollverlust und Beharrlichkeit wankend, hinterlassen Burgeners Bewegungen dabei zusätzlich Spuren auf den Fotogrammen.

Der raumfüllenden Installation Untitled (2018) in der Salle Poma liegt Manuel Burgeners Interesse am unmittelbaren Eingriff in den Ausstellungskontext zu Grunde. Er giesst dafür auf die gesamte Bodenfläche Latexmilch. Ein Naturprodukt, das aus dem Gummibaum gewonnen wird. Sobald die Flüssigkeit trocken ist, entsteht daraus ein dünner, elastischer Film, der sich vom Boden lösen lässt. Schmutzrückstände und Bodenstruktur gehen darauf über und verändern die Oberflächentextur des Materials. Wie ein organisches und gleichzeitig synthetisches Gewebe, das sich über den ganzen Raum erstreckt, lenkt die begehbare Membran unseren Fokus auf die architektonischen Parameter. Es entfaltet sich eine ephemere Topografie, welcher Burgener technisch anmutende Objekte gegenüberstellt. Die Werkgruppe Untitled (2018) ist an der Wand der Salle Poma befestigt und wurde aus Scharnieren, Glasscheiben sowie T-Shirts zusammengestellt. In unterschiedlichen Höhen montiert, stellen sie einen direkten körperlichen Bezug zu uns her. Die Stärke der Glasscheiben entspricht derjenigen der Vitrine im Korridor des Parkett 2. Kommentarlos stehen diese offen, sinnbildlich für die Absicht des Künstlers, über seine Werke bei uns eine Selbstbetrachtung zu provozieren.

Kuratorin der Ausstellung

Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart

Publikation zur Ausstellung

Das Künstlerbuch, das anlässlich der Ausstellung in Zusammenarbeit mit Edition Patrick Frey entsteht, verortet sich an der Schnittstelle zwischen Werk und Katalog. Manuel Burgener untersucht damit Verdichtungen zwischen Text und Bild, verweigert sich gängigen Erwartungshaltungen und rückt so die Essenz seines Werks an sich ins Zentrum (ENG).


Künstlergespräch

Do 16.8.2018, 18:00     (dt) Manuel Burgener im Gespräch mit Felicity Lunn

Öffentliche Führungen

Do 9.8.2018, 18:00     (dt)   Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart

Do 23.8.2018, 18:00    (fr)    Kathleen Vitor, historienne de l’art


Manuel Burgener, Ausstellungsansichten / vues d’exposition / exhibition views Pasquart 2018